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Was man von Salaten lernen kann

Margoth ist 16 Jahre alt, liebt es zu lesen und Sport zu treiben. Sie mag K-Pop und geht gerne zur Schule. Ein ganz spezielles Schulprojekt mit Salaten hat es ihr dabei besonders angetan.

Margoth wurd als eine von sechs Schülerinnen und Schülern ausgewählt, um ihr Projekt an einem nationalen Wettbewerb vorzustellen.

Durch die Pflege der Hydrokulturen, hier mit einer Kopfsalatplantage, lernen die Schülerinnen und Schüler, Projekte ganzheitlich umzusetzen.

Kein Zufall: Im Schulprojekt werden ausschliesslich Kopfsalate gepflanzt, da sie sich in der Region gut vermarkten lassen.

Das Beste am Projekt: Margoth darf fleissig mit dem Bohrer hantieren.

«An einem normalen Schultag stehe ich um 5 Uhr morgens auf, gehe frühstücken und helfe meiner Mutter mit den Tieren. Dann kommt der Bus, der uns zur Schule bringt. Zur Schule laufen geht leider nicht mehr, da es für uns Mädchen zu gefährlich geworden ist», erzählt Margoth.

Margoth verbrachte schon ihr ganzes Leben in Pacucha, einem Distrikt im Andenhochland. Sie ging hier zur Schule und mochte die Primarschule sehr. Der Start in der Sekundarschule war jedoch alles andere als einfach: Die ersten zwei Jahre hatte sie aufgrund von Corona nur virtuellen Unterricht. Umso grösser war die Erleichterung, ihre Klassenkameraden nach zwei Jahren Fernunterricht endlich kennen zu lernen.

Erfolg haben, für die Mutter

Margoth hat zwei ältere Geschwister. Beide haben ihre Ausbildung abgebrochen und können deshalb kaum etwas zum Familieneinkommen beitragen. «Meine Mutter hat uns allein grossgezogen, das war sehr hart für sie. Ich liebe sie sehr und möchte unbedingt, dass sie stolz auf mich sein kann und dass ich für sie sorgen kann. Unsere Grossmutter wohnt auch bei uns», erzählt sie aus ihrem Leben. In ihrer Freizeit treibt sie gerne Sport, hört Musik – «ich liebe K-Pop» - und tanzt. «Wenn ich traurig bin, hilft mir das», erklärt sie. «Ich war früher Leichtathletin und war sehr gut. Sogar auf nationaler Ebene. Leider habe ich mich am Knöchel verletzt und kann nun nicht mehr so viel Sport machen», so Margoth.

Montag bis Freitag besucht Margoth die Schule, samstags und sonntags arbeitet sie in einem Restaurant. «Ich bin sehr stolz darauf, dass ich mein eigenes Geld verdiene. Ich möchte meine Mutter nicht mehr um Geld bitten; sie hat schon so viel für uns getan. Ich wollte schon früher als Kind arbeiten, aber meine Mutter sagte, ich sei noch zu klein. Schliesslich erlaubte sie mir, dass ich bei der Touristenattraktion Sondor beim Ticketverkauf helfen darf.»

Was man von Salaten lernen kann

Trotz Arbeit, Tanz, Musik und Sport bleibt die Schule ihr Fokus. Gleich zu Beginn ihrer Sekundarschulzeit lernen sie die Pflege von Hydrokulturen kennen. Kopfsalatkeime mit intakten Wurzeln werden dafür aufgeteilt und durch gebohrte Löcher in Plastikrohre gepflanzt. Durch die Rohre fliesst sauberes Wasser, dem für das Salatwachstum wichtige Nährstoffe hinzugefügt werden. Daraus entstehen mit der richten Pflege schöne Kopfsalate, die man zerteilt wiederrum neu einpflanzen kann. Dass man für diese Projekt ausschliesslich Kopfsalate verwenden, ist kein Zufall: Zum einen kommen sie in der Schulkantine auf den Menüplan, zum anderen wird in der Region viel Ceviche gegessen, das mit Blattsalat zubereitet wird. Der Absatzmarkt für Kopfsalat ist demnach optimal.

Die Hydrokulturen wurden im Dachgeschoss an Margoths Schule angepflanzt, einem Ort, der früher nur als Grümpelkammer diente. Beim Hydrokulturen-Projekt geht es aber um mehr als nur die Produktion von Kopfsalat. Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man ein Projekt von Beginn weg plant, umsetzt, verbessert und vermarktet. Die Schülerinnen und Schüler lernen wie man Salatpreise kalkuliert und den Salat auch gewinnbringend verkauft. «Das Projekt macht mir grosse Freude, weil ich merke, dass es mir für das Leben dienen wird. Ich lerne sehr viel über Design Thinking und Unternehmertum. Das hilft mir später, egal was ich dann im Leben wirklich machen werde», erklärt Margoth. Das Projekt läuft gut. So gut, dass es Margoth zusammen mit fünf weiteren Schülerinnen und Schülern an der Crea y Emprenda, einem nationalen Wettbewerb für Start ups, vorstellen darf. Eine grosse Ehre für die Schülerin: «Das freut mich sehr. Ich habe hart dafür gearbeitet.»

Erdbeerbäuerin, Polizistin oder doch Fotomodell?

«Ich möchte das, was ich hier gelernt habe im Kleinen anwenden. Erdbeeren mag ich sehr gerne. Ich überlege mir zuhause zusammen mit meiner Familie welche anzupflanzen. Äpfel und Birnen haben wir schon erfolgreich zuhause gepflanzt», so Margoth. Im Hydro-Projekt arbeitet sie besonders gerne mit den Werkzeugen: «Ich bin Spezialistin im Bohren der Löcher für die Salate. Ich mag alles, was mit Werkzeugen zu tun hat sehr gern. Vielleicht kann ich auch diese Fähigkeit später im Beruf wieder brauchen.» Ihre grossen Berufswünsche kommen aber allesamt ohne Werkzeuge aus: «Mein grosser Traum wäre es aber Polizistin zu werden. Oder vielen sagen Fotomodell wäre gut, weil ich so gross bin. Wenn das mit meiner Verletzung nicht wäre, wäre ich auch sehr gerne Sportlerin geworden.»

Es bleibt spannend, wie Margoths Weg weiter gehen wird. Durch das Projekt hat sie jetzt wichtige Werkzeuge für ihre berufliche Laufbahn erhalten: Neben Fachkenntnissen zum Gärtnern und unternehmerischen Fähigkeiten, lernte sie auch wie sie professionell auftreten kann. Sie ist selbstsicherer geworden, hat ihre Rechte kennengelernt und gelernt sie zu vertreten und sie hat erste Erfahrungen mit Unternehmensführung gemacht. All das wird ihr bei jeder Arbeit helfen, egal ob als Polizistin, Bäuerin oder doch in der Modebranche.