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Handy statt Schulklasse

Seit eineinhalb Jahren sind die Schulen in Peru mehrheitlich geschlossen. Die Jugendlichen trifft die Situation hart. Statt Zeit mit Gleichaltrigen zu verbringen, Neues auszuprobieren und ihren Platz in der Gesellschaft zu suchen, sind sie zu Hause isoliert. Und am Online-Unterricht können viele nur unter schwierigen Umständen teilnehmen, wenn überhaupt.

Keysis Familie lebt in den Anden von Peru

Mithilfe auf dem Bauernhof

Zwar hat der Staat ein Lernprogramm für Kinder und Jugendliche erstellt, mit dem diese online lernen können. Doch der Zugang zum Internet ist für ärmere Familien nicht selbstverständlich. Das Netz ist weder flächendeckend noch leistungsstark. Tablets und Computer sind oft unerschwinglich. Viele Kinder und Jugendliche müssen sich für den Unterricht ein Handy mit ihren Geschwistern teilen. Für die handwerklichen Ausbildungen wurde gar kein Lernmaterial erstellt. Ein Grossteil der Jugendlichen musste ihre Ausbildung deshalb abbrechen. Sie sind frustriert und die Zeit im Ausnahmezustand erscheint ihnen unendlich lange.

Unsere lokale Partnerorganisation Paz y Esperanza (PyE) reagierte flexibel und kreativ. Sie erstellte selbst Ausbildungs-Unterlagen. Das ist in ganz Peru einzigartig! Zusätzlich sind Freiwillige von PyE mit den Lernenden per WhatsApp in Kontakt. Sie helfen bei Schwierigkeiten und leisten wichtige Motivationsarbeit. Jugendlichen, die keinen Zugang zum Internet haben, bringen sie die Hausaufgaben nach Hause.

Wie gehen junge Menschen mit diesen Herausforderungen um?

Keysi (17) erzählt.

Sie lebt mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einem kleinen Dorf. Die Familie ist arm. Der Ertrag des Bauernhofes reicht zwar zum Überleben. Doch es bleibt kaum etwas übrig, das sie auf dem Markt verkaufen könnten.

Keysi teilt das einzige Mobiltelefon der Familie mit ihrer Schwester. Das frustriert sie, denn so kann sie nur an der Hälfte des Online-Unterrichts teilnehmen. Und wenn das Geld für die Handyrechnung zu knapp ist oder das Netz zu schlecht, kann sie gar nicht lernen.
Besonders im Matheunterricht ist es für sie schwierig, dem Unterricht zu folgen. Von ihrem Lehrer wurde sie schon mehrmals darauf angesprochen. Manchmal, wenn niemand hinschaut, lässt sie ihren Tränen freien Lauf. Und immer wieder ist die Versuchung da, die Schule abzubrechen und stattdessen auf dem Hof ihrer Eltern zu arbeiten. Doch dann denkt sie daran, wie enttäuscht diese wären und macht weiter.

Vor einigen Monaten hat sich Keysi an der Berufsschule für eine Ausbildung eingeschrieben. Sie will Kosmetikerin werden. Mit dem Lohn will sie ihre Eltern unterstützen und ihr Studium an der Universität finanzieren. Dieses Ziel gibt ihr Hoffnung.