Am Anfang war er da – der grosse Jubel über die Vorteile des online Homeschooling: Bis mittags im Pijama sitzen, Pause machen, wann man will und wenn die Kamera aus ist, kann die Lehrperson sowieso nicht sehen, was man gerade tut. Unterdessen ist der Jubel bei vielen wieder abgeklungen und wir sehnen uns nach echten Begegnungen.
Auch in Peru stecken SchülerInnen seit Wochen im Fernunterricht – mit einem Unterschied. Während wir uns über die fehlende Qualität des Unterrichts oder der Sitzungen beklagen, sind nicht wenige PeruanerInnen zu Hause vollständig vom Unterricht ausgeschlossen. Weshalb? Weil die Internetverbindung vor allem auf dem Land entweder nur sporadisch funktioniert oder gar nicht vorhanden ist. Das heisst insbesondere für ärmere Jugendliche: kein Internet, keine Bildung.
Die Projetbeteiligten unseres Berufsbildungsprojekts sind ausserdem mit weiteren Schwierigkeiten konfrontiert: Für eine Lehre als BäckerIn ist beispielsweise ein Ofen unerlässlich. Als SchreinerIn benötigt man grosse Holzschneidemaschinen, die sich nur in Gruppenräumen finden. Genau solche Räume sind aber momentan wegen Corona geschlossen.
Eine junge Frau, die Mut inmitten der Krise beweist, ist Yandeli Luz Delgado Cáceres aus unserem Berufsbildungsprojekt in der Region Apurímac. Sie ist 16 Jahre alt und lebt im ländlichen Bezirk Ocobamba in der Provinz Chincheros.
"Als ich meinen eigenen Schönheitssalon eröffnete, hatte ich nicht viel Kundschaft. Also besuchte ich meine Nachbarn, um für meine Arbeit zu werben. Daraufhin begannen sie mich zu engagieren, um ihnen die Haare zu schneiden, zu färben, zu frisieren und ihre Nägel zu maniküren", erzählt Yandeli.
Die junge Peruanerin kommt aus einer zerrütteten Familie. Es ist lange her, seit sie das letzte Mal etwas von ihrem Vater gehört hat. Das kümmert sie jedoch nicht besonders. Weshalb das so ist, will sie uns aber nicht verraten.
Yandelis Mutter steht jeden Tag sehr früh auf. Um ihre vier Kinder zu ernähren, verkauft sie Mittagessen auf dem Markt.
Die ganze Familie lebt sehr bescheiden. Die wirtschaftlichen Engpässe sind im Haushalt spürbar. Angesichts dieser Lebensbedingungen sagt Yandeli: "Dank der Informationen meiner LehrerInnen und der Ermutigung meiner MitschülerInnen schrieb ich mich am CETPRO (Fachhochschule) für die Berufsrichtung Kosmetologie ein." Weiter fügt sie hinzu: "Ich entschied mich für diesen Weg, um meiner Mutter zu helfen und sie so finanziell zu entlasten. Ausserdem wollte ich die Ausgaben während meinre Ausbildung selber tragen."
Trotz gesundheitlichen Komplikationen aufgrund von COVID 19 ist Yandeli das Risiko eingegangen und hat einen kleinen Schönheitssalon eingerichtet. In der Zeit, in der sie an der CETPRO studiert hat, eignete die junge Unternehmerin sich alle Fertigkeiten an, die sie heute in ihrem beruflichen Alltag braucht. Weil Yandeli gute Arbeitet leistet, gewinnt sie stetig an Kundschaft.
"Mein Wunsch ist es, mich weiter zu spezialisieren. Ich sehe in der Kosmetikbranche tolle Jobmöglichkeiten für meine Zukunft”, so die junge Peruanerin.
Dank unserer lokalen Partnerorganisation Paz y Esperanza, die ihr ein Praktikum organsiert hatte, konnte sie andere Schönheitszentren in der Stadt Andahuaylas besuchen und wertvolle Erfahrungen sammeln. “Die Einblicke in andere Salons motivierten mich, alles zu geben. Denn ich kann es!", sagt sie heute voller Selbstvertrauen.
Übersetzung: deepL/bsc